Das Geschehen um die mutmaßlich illegale Schleusung von Migranten durch das Bundesgebiet ist um eine Posse reicher. Während das Privatunternehmen Westbahn für die Forderung nach Aussetzung der Bahnhofsgebühren medial verurteilt und schwer angegiffen wurde, will die ohnehin verstaatlichte ÖBB für ihre juristisch hinterfragenswerten Transportleistungen nun 15 Millionen Euro Extrabudget.
Ende Oktober kündigte das private Eisenbahnunternehmen Westbahn an, der ÖBB für die Bahnhöfe Wien Westbahnhof und Salzburg Hauptbahnhof für die Dauer der Flüchtlingskrise keine Nutzungsgebühren mehr entrichten zu wollen. Der Zustand der Bahnhöfe entspräche nicht mehr der Kategorie 1. Nahezu jedes Medium entstellte diese Forderung zu einer klaren Lüge: Die Westbahn würde „Entschädigung wegen Flüchtlingen“ fordern [1]. Ein so genannter Shitstorm in sozialen Medien war die Folge. Politisch links stehende Personenkreise, denen wirtschaftliche Prinzipien fremd zu sein erschienen, beschimpften das Unternehmen und sein Management. [2]
Im ersten Drittel des Novembers gibt nun der SPÖ-nahe, verstaatlichte Betrieb Österreichische Bundesbahnen (ÖBB) bekannt, dem Staat den Transport von Flüchtlingen in Rechnung zu stellen. Vorerst wäre eine Summe von 15 Millionen Euro zur Verrechnung vorgesehen. Als das Magazin Profil vorab eine Berichterstattung darüber ankündigte [3], reagierte die ÖBB noch in Unkenntnis des Artikels mit einer eiligen Gegendarstellung [4].
Darin wird erklärt, dass die 15 Millionen als Entschädigung für zusätzliche Reinigungskosten vorgesehen wären. Die sogar in Massenmedien transportierten Berichte über schwer beschädigte Zugsgarnituren werden nicht behandelt [5]. ÖBB Mitarbeitern ist die Berichterstattung über die Zustände in den verwendeten Zügen nicht gestattet. Dennoch immer wieder an die Öffentlichkeit gelangende Handyfotos zeichnen ein dramatisches Bild. Augenzeugen berichten, dass sich das ÖBB Zugspersonal bei solchen Transporten, möglicherweise zum Selbstschutz, völlig zurückzieht. Alleine die Verunreinigungen durch Müllberge und Fäkalien zeichnen ein Bild von enormem Gefährdungspotential für die Gesundheit. Fallweise nachweislich eingeschleppte Seuchen und Krankheiten tragen ihr Übriges dazu bei, den Job als ÖBB-Zugbegleiter zur Zeit als „riskant“ zu bewerten.
Die Ankündigung der Rechnungslegung durch die ÖBB hat aus mehreren Blickwinkeln eine besondere Note. Das traditionell defizitäre Unternehmen wird ohnehin zur Gänze vom Steuerzahler erhalten. Den Steuerzahler für den Flüchtlingstransport nun ein zweites Mal zur Kasse zu bitten ist nichts anderes als eine Aufstockung des vorgesehenen Budgets für das Betriebsjahr.
Während die Westbahn nur eine Aussetzung der Bahnhofsgebühren forderte und sich als Privatunternehmen somit keineswegs an den unhaltbaren Sicherheits- und Sauberkeitszuständen bereichern wollte, geht es der ÖBB ganz eindeutig um Geld. Dass eine vergleichbare Verurteilung durch die heimischen Massenmedien stattfinden wird, ist in Kenntnis der Funktionsweise der österreichischen Politlandschaft eher auszuschließen.
Dabei gäbe es auch eine juristische Komponente zu beachten. Die Tätigkeit der ÖBB erfüllt mutmaßlich mehrere Straftatbestände im Bereich des Schleppens und Schleusens von illegalen Migranten. Dass die ÖBB dies nicht im Alleingang durchzieht, liegt auf der Hand. ÖBB Generaldirektor Christian Kern, SPÖ, wird seit Jahren als erfolgversprechendster Ablösekandidat für den parteiintern- und extern umstrittenen Kanzler Faymann gehandelt. Doch von der Regierung im Geheimen angeordnet oder nicht, die juristische Endverantwortung hätte Kern zu tragen. Vorusgesetzt, er und weitere Mittäter würden nach geltender Gesetzeslage angezeigt, die Staatsanwaltschaft würde unabhängig ermitteln und ein Gericht würde einen solchen Fall verhandeln.
Der mutmaßlich illegale Flüchtlingstransport von Wien nach Salzburg endete übrigens nicht, nachdem die mediale Öffentlichkeit sich erst Nickelsdorf und aktuell Spielfeld zuwendete. Besucher des Westbahnhofs in Wien können bis heute jeden Tag hunderte so genannte Flüchtlinge beobachten, wie sie am Westbahnhof von Ungarn kommend abgeladen und meist gegen Abend in Züge in Richtung Deutschland verladen werden. Dieses Geschehen zu dokumentieren und dessen Hintergründe zu recherchieren interessiert offenbar keinen heimischen Journalisten, der einen Job und eine Karriere zu verlieren hat.
[1] Kurier: Westbahn will Entschädigung wegen Flüchtlingen
http://kurier.at/chronik/oesterreich/westbahn-will-entschaedigung-wegen-fluechtlingen/159.596.824
[2] Westbahn: Gegendarstellung zu Kurier
https://www.facebook.com/WESTbahnGmbH/posts/10153693629786617
[3] „profil“-Vorab: ÖBB stellen Kosten für Flüchtlinge in Rechnung
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151107_OTS0001/profil-oebb-stellen-kosten-fuer-fluechtlinge-in-rechnung
[4] ÖBB: Gegendarstellung zu Profil
http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20151107_OTS0024/klarstellung-profil-artikel
[5] Kleine Zeitung: Beschädigt: Flüchtlings-Zug aus Verkehr gezogen
http://www.kleinezeitung.at/s/politik/fluechtlinge/4848548/GRAZLINZ_Beschaedigt_FluchtlingsZug-aus-Verkehr-gezogen